»Es gibt für alles eine Lösung«

Im Interview mit Silke Mayer verrät Hockeystar Moritz Fürste, warum Erfolge für ihn genauso wie Probleme bloß ein Anlass sind, sich neu zu erfinden. Ein 41Campus-Podcast.

Mein Interviewpartner in dieser Podcast-Folge ist einer der besten und erfolgreichsten deutschen Hockeyspieler aller Zeiten. Moritz Fürste wurde 2008 und 2012 Olympiasieger, gewann drei Weltmeistertitel und wurde 2012 als Welthockeyspieler ausgezeichnet. Seit 2018 ist er als Unternehmer und Speaker tätig. 

Silke: Hallo Moritz, vielen Dank dass Du Dir heute Zeit nimmst für das Gespräch. Du hast den Traum vieler jungen Sportler:innen verwirklicht und durftest durch Deinen Sport ins Ausland (Spanien und Indien) gehen. Wie hast Du diese Zeit erlebt und was waren Deine Learnings?

Moritz: Ein Learning, das man nicht genug betonen kann, ist, in dem Moment zu leben. Diese Zeit ist damals an mir vorbeigezogen, und das sind rückblickend wahnsinnige Erinnerungen für mich, die einen Impact hatten auf alles, was ich danach gemacht habe. Dann denke ich mir manchmal: »Schick mich da nochmal hin, gib mir nochmal die Chance«. Wenn ich nochmal 21 sein könnte, aber nicht als 21-jähriger, sondern mit der Lebenserfahrung, die ich jetzt habe … das wäre eine richtig spannende Zeit. Mit Anfang zwanzig war mein Fokus voll auf Sport. Solche Erfahrungen, wie 20.000 Menschen, die um Dich herum stehen auf so einem Marktplatz und Dir zujubeln, werden dann so »Ah ja, moin«aufgenommen. Jetzt, heute denke ich zurück: »das war ja Wahnsinn«. Noch mehr in dem Moment zu sein und diese Situationen noch intensiver erleben zu können, hätte mir viel bedeutet. Gerade in meinem ersten Jahr in Indien habe ich Sachen erlebt, die waren tief prägende Lebenserfahrungen.

Auch in Indien hat Dein Trainer Deine Führungspersönlichkeit gelobt. Was hat Dich in Deiner Leadership-Rolle ausgemacht?

Es wird ja oft von Leader-Rollen im Team gesprochen. Und da stellt sich die Frage: »Was macht Dich eigentlich zum Führungsspieler?« »Warum bist Du Spieler-Kapitän geworden?«. Mir fällt das schwer zu beantworten. Ich hatte einfach von Anfang an den Antrieb, »das muss klappen – wir wollen jetzt alle hier was lernen und da muss ja einer das Heft in die Hand nehmen, sonst werden wir hier Probleme haben, die wir nicht haben müssten«. Das fällt mir leicht. Wo ich Leadership als schwierig empfinde, ist, wenn man das, was man ausdrücken möchte, nicht in der Form rüber bekommt und Menschen das anders auslegen, als man es gemeint hat. Wenn ich Kritik äußere, will ich ja nur, dass jeder besser wird. Aber manchmal habe ich einfach die falschen Kommunikationsinstrumente gewählt.

Auch wenn man sich Deine beruflichen Erfolge ansieht, bemerkt man einfach Dein »Macher-Gen«. Das passt auch zu dem Slogan auf Deiner Webseite: »Wenn es wichtig wird, einfach machen«. Hast Du keine Angst vor Fehlern? Oder bist Du ein außergewöhnlich mutiger Mensch? Ist es Dir egal, was andere sagen? Was hilft Dir an der Stelle, ins Tun zu kommen und Sachen zu initiieren?

Es gehört ein bisschen Glück dazu. Ich bin kein Visionär, der auf einem blanken Blatt Papier eine Idee kreiert. Ich bin gut darin, Opportunitäten am Horizont zu erkennen. Dann habe ich aber auch den Mut, mit meinem Team einfach zu machen. Dann fragen wir auch nicht mehr und es geht »all in« los. Wir sind dann wie ein Hoverboard – wir fliegen auch über Kopfsteinpflaster und überfliegen dann vielleicht auch manchmal was und müssen wieder umdrehen. Aber dann gibt es nur noch Vollgas.

Welche Lebensweisheit würdest Du jungen Menschen im Sport gerne weitergeben?

Wenn meine Töchter zu mir sagen, »ich kann das nicht«, da geht bei mir die größte Alarmglocke an. Ich frage sie dann immer: »wie würdest Du das jetzt lösen?«. Es gibt für alles eine Lösung. Entweder ist man bereit sie zu finden oder man ist nicht bereit – dann kann man sich aber auch nicht beschweren. Das geht nicht, gibt es nicht. So sehe ich auch mein berufliches Leben und mein Leben allgemein. Wir dürfen mit unserer Firma wegen Corona keine Events mehr machen, dann kann ich mich entweder zurücksetzen und alles auf Kurzarbeit umstellen und ein Jahr Pause machen … oder man überlegt sich halt »gibt es irgendeine Lösung?«. Meine Weisheit wäre also, sich nie mit Situationen einfach zufrieden zu geben, sondern zu versuchen, alles zu optimieren. Und das gilt auch in Situationen, wenn es gut läuft. Der schlimmste Fehler im Leistungssport ist: Du bist Weltmeister geworden und gehst davon aus, dass Du im nächsten Jahr automatisch Europameister wirst. Nein, das ist der Moment, wo Du Dich komplett neu erfinden musst. Du hast einen Vorsprung, aber den kannst Du nicht einfach ins nächste Jahr retten, weil alle anderen Sportler auch besser werden. Stetiges Optimieren, stetig sich zu hinterfragen und zu lernen, das möchte ich jedem mit auf dem Weg geben.

Das Gespräch in voller Länge

Wenn Du wissen willst, welche neue Sportart Moritz erfunden hat und wie er zum größten deutschen Betreiber von Corona-Testzentren wurde, dann höre Dir hier das gesamte Gespräch als Podcast an.

Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.

Layout-Teiler

Moritz Fürste beim Champions for Charity-Spiel 2019, Foto (c) Philipp Reinhard

Moritz Fürste, 1984 in Hamburg geboren, spielte in seiner Karriere vor allem für den Uhlenhorster HC, später auch in Spanien und Indien. 2018 beendete er seine aktive Profikarriere. Im selben Jahr erschien seine Autobiografie »Nebenbei Weltklasse – Aus Liebe zum Sport«. Moritz ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und zudem als Speaker und Talk-Gast aktiv. Er engagiert sich insbesondere für eine größere Wertschätzung und Förderung der Olympischen Sportarten in Deutschland.

___ von Silke Mayer.

Fotos © Philipp Reinhard