FORTYONE: Vielleicht kannst du zu Beginn erklären, wie du eigentlich zum Coach geworden bist? Was war der Impuls hinter deiner Trainer-Vita?
BERTHOLD BISSELIK: Da muss ich etwas ausholen. Bei meinem Heimatverein TV Emmerich war es in den 70er und 80er Jahren üblich, dass du nicht nur Spieler warst. Du hast als Anschreiber geholfen, du warst Schiedsrichter oder Betreuer. Alle Jobs mussten besetzt werden. Ältere Spieler haben jüngere Mannschaften trainiert. Ich war extrem sportinteressiert, habe viele Sportarten selbst betrieben. In Gruppen war ich häufig Mannschaftskapitän oder in irgendeiner führenden Position. Ich hatte einen inneren Antrieb, nicht nur Teilnehmer zu sein, sondern eine gestaltende Rolle zu tragen, Verantwortung zu übernehmen und zu führen. Und diese Idee treibt mich heute noch: Wissen und Erfahrung weiterzugeben. Selbst wenn ich heute ein neues Buch aufklappe und es mich anspricht, habe ich den inneren Drang, diese Inspiration sofort weiterzugeben. Auf der anderen Seite war mir auch das Miteinander immer wichtig. Der gemeinsame Spaß, Feiern, Erfolgserlebnisse teilen. All die Vorteile einer Gruppe, eines Teams.
In meinem Studium an der Sporthochschule gab es noch gar kein richtiges Berufsbild Basketballtrainer. Ich habe auf Honorarbasis nebenbei Mannschaften betreut und hatte das Glück, dass meine Dozenten gleichzeitig die Damenmannschaft von Saturn Köln trainiert haben. Im zweiten Jahr hat einer der beiden aufgehört, und ich bin Assistenztrainer in der Bundesliga geworden. Sehr schnell bin ich so in den Hochleistungsbereich eingestiegen und habe sofort gemerkt: Das ist meins. Das elektrisiert mich. Ursprünglich wollte ich einmal Lehrer werden, und der Lehrerberuf läuft ja auf etwas Ähnliches hinaus: Man gestaltet mit Jugendlichen und treibt mit Gleichgesinnten etwas voran, bewegt etwas. Das treibt mich bis heute an: Inspirieren, mit Ehrgeiz und Leidenschaft Interessen verfolgen, Wissensdurstig und neugierig sein, Aus- und Weiterbilden, Gruppen- und Teamarbeit.
Zu deiner Anfangszeit dominierte eine ganz andere Coaching-Schule als heute. Wie hat sich Coaching seitdem gewandelt?
Du sprichst die Schule an, mit der ich als Trainer sozialisiert worden bin: Der Trainer stand im Mittelpunkt, der Trainer weiß, wie es geht. Der Trainer ist derjenige, der vorangeht, der das ganze Wissen, die ganze Erfahrung hat und das vermittelt. Der Trainer als ein Alleingestalter des ganzen Prozesses: So haben wir es sowohl bei der Trainerausbildung als auch im Studium kennengelernt. Ein bekannter serbischer Trainer hat einmal gesagt: »Wir trainieren nur einmal am Tag – 24 Stunden lang!« Die Werte waren Disziplin, Ordnung, Stress und Druck. Für uns Trainer war das einfach so. Diese Disziplin, die sein musste, dieser absolute Gehorsam, dieser absolute Drill, körperliche und mentale Belastung, immer wieder über Grenzen hinaus. Dass man aus Komfortzonen raus muss, ist klar, aber damals ging es manchmal schon in die Angstzone rein. Trainer waren Respektspersonen, die Distanz zwischen ihnen und den Spielern war eher groß.
Spieler haben das damals oft gar nicht so wahrgenommen. Wenn man damit aufwächst, dass Eltern und Trainer Wahnsinnsrespektpersonen sind, man die Klappe zu halten und zu funktionieren hat und über seine Grenzen gehen muss, um aus gewissen sozialen Strukturen rauszukommen, dann gewöhnt man sich an so etwas. Dann nimmt man das auch nicht als beleidigend oder kränkend oder diffamierend war. Man passt sich an. Das sind Werte, mit denen wir groß geworden sind. Die deutsche Schule steht ja auch schon für Ordnung, Struktur und Arbeit und Fleiß. Aber dieser Gehorsam und dieser unglaubliche Stress, dem man im Training und im Spiel ausgesetzt war, war extrem. Wenn ich heute mit Nationalspielern oder etablierten Spielern spreche, nehmen die das überwiegend positiv wahr. Wenn man Erfolg an Platzierungen misst, war das natürlich erfolgreich. Die Frage im Nachhinein ist nur: Wie würdevoll ist das? Wie menschlich war das? Heute spricht man davon, auf Augenhöhe mit den Spielern zu sein, die Spieler als Subjekte zu behandeln. Wie viel Selbstbestimmung haben Spieler? Die Grundbedürfnisse nach Autonomie, Zugehörigkeit, Wachstum und Anerkennung zu berücksichtigen, das ist heute wichtig, um Menschen langfristig zu begeistern und sie nicht irgendwann physisch und psychisch auszubrennen.
Ich habe mein Tun immer reflektiert. Ein großer Paradigmenwechsel in meinem Denken ist erst vor sechs Jahren passiert – bezüglich des Trainerverhaltens, Führungsmethoden und bezüglich der Frage, wie ich Spielfreude und Kreativität wirkungsvoller und wertvoller an die Spieler und Mannschaften herantrage. Nachdem wir mit den Jugendmannschaften von Bayern München deutsches Spitzenniveau erreicht hatten, sind wir nach Katalonien gefahren und haben gegen diverse Teams in Barcelona gespielt. Die sprühen alle vor Spielfreude. Mädchen und Jungs. Manche sehen vielleicht gar nicht so sportlich aus, aber alle können spielen. Wir haben uns gefragt, was wir Trainer verändern können – abgesehen von den sozialen Voraussetzungen, von der Lebensweise – dass sie beispielsweise immer abends draußen spielen können usw. Wie könnten wir das Training anders gestalten?
Wir haben uns drei Tage eingeschlossen und überlegt, wie wir unsere Herangehensweise ändern können. Wir wollten weg von den bekannten strukturellen Trainingsbedingungen – erst Aufwärmen, dann Techniktraining, dann Spiel. Wir haben all unsere methodischen Prinzipien und auch unser Trainerverhalten hinterfragt. Weg von diesem »Ich kontrolliere alles und instruiere nur« hin dazu, Fragen zu stellen, um Spieler mitzunehmen und sie mit in die Verantwortung für die Trainingsgestaltung zu nehmen. Spieler sollen kommunizieren und miteinander reden. Heute spricht man von »psychologischer Sicherheit«. Es muss ein Raum da sein, wo die Spieler sich so sicher fühlen, angstfrei sind, als gleichberechtigte Partner, die bei der Entwicklung des Trainings, des Spiels und der Mannschaft einen wichtigen Beitrag leisten.
Wir haben die ganze Idee, Herangehensweise und Methodik überdacht und verändert. Und dann habe ich recherchiert und festgestellt: In Australien und Kanada gab’s schon lange Konzepte von »Teaching Games for Understanding« und »Decision-Making«. Verschiedenste Konzepte, wie man athletenzentrierter arbeiten und das Trainerverhalten verändern kann. Ich bin mit einem Sportpsychologen bei den Fußballern im ständigen Kontakt darüber gewesen, dass wir für diesen Wandel oder Weiterentwicklung im Trainerbereich Vorbilder brauchen. Und das Schöne ist, dass es viele Vorbilder gibt. Auch im Fußball verschwinden die »Diktatoren« langsam und man spricht über Jürgen Klopp. Im Basketball genauso. Wenn man heute in die NBA guckt, dann gibt es viele Trainer wie Steve Kerr, die einen ganz anderen Umgang mit den Spielern haben. Früher war Phil Jackson der prominenteste, der auf eine ganz andere Art geführt hat. Der Leuchtturm. Heute ist die Idee, dass man anders handeln kann, bei den Trainern auf höchstem Niveau angekommen.
Und wie ist deine Entwicklung als Trainer vor diesem Paradigmenwechsel verlaufen?
Die Eigenschaften, die mich immer geprägt haben, und die Werte, für die ich heute noch stehe, sind weiterhin Leidenschaft, Disziplin und Ehrgeiz. Ich konnte noch nie verlieren. Das hat sich auch als Vater nicht verändert. Ich habe meine Kinder nicht gewinnen lassen, weil ich gesagt habe: »Die müssen gut genug werden, um mich zu schlagen. Ich will denen selbst bei Gesellschaftsspielen keine falschen Botschaften schicken und sie gewinnen lassen, damit sie sich gut fühlen.« Ich bin hochgradig sportlich ambitioniert, habe Spaß an Belastung, an Auslastung, an Grenzen. Ich bin ein Wettkämpfer durch und durch. Gleichzeitig sind mir Beziehungen sehr wichtig. Mir ist es wichtig, mit Leuten gut auszukommen, anerkannt und gemocht zu werden.
Mein Training war diszipliniert, intensiv und herausfordernd. Ich glaube, ich habe die Balance ganz gut hingekriegt: Auf der einen Seite habe ich das Training interessant und abwechslungsreich und sehr fordernd gestaltet. Ich glaube, das wollen Spieler auch. Auf der anderen Seite ist es mir aber auch wichtig, dass die Mannschaft gut miteinander kann und es wirksame Beziehung zwischen Mannschaft und Trainerteam gibt.
Ich habe sehr viel intuitiv gearbeitet und mir nie so viele Gedanken gemacht, warum das alles so gut klappt. Das kam erst in den letzten Jahren. Da habe ich einen Auftrag der Volleyball-Liga gekriegt, bei dem es darum ging, Erfolgsfaktoren von Nachwuchs-Leistungszentren zu identifizieren. Ich habe nie gerne über mich und meine Karriere gesprochen, weil mir das immer seltsam vorkam, wenn andere das so getan haben. Aber dann habe ich gedacht: Ich rufe von jedem Standort, an dem ich gearbeitet habe, einen Spieler oder einen Manager an und frage die, was denn die Erfolgsfaktoren waren. Interessant war, dass am Ende überall das gleiche rauskam: roter Faden, große Klarheit. »Du hast uns alle mitgenommen.« »Du hast uns alle für deine Idee begeistern können.« »Wir waren ein Team und haben gerne für dich gespielt.« Mir ist irgendwie gelungen, einerseits fordernde Bedingungen zu schaffen, sodass Hochleistung möglich war und eine Stimmung zu gestalten, wo Beziehung möglich ist. So waren die Mannschaften und Vereine, wo ich war, in vielerlei Hinsicht erfolgreich.
Auf der anderen Seite habe ich die Spieler stets mitgenommen. Das heißt nicht, dass das Training nicht weiter knistern, dass es nicht zu Reibungen kommen darf. Hochleistungssport ist kein Strickkurs. Mein Paradigmenwechsel besteht darin, dass ich die Spieler viel mehr einbinde, dass ich mich noch mehr mit Spielern unterhalte. Ich frage sie danach, was sie sehen, was sie wahrnehmen, und ich gebe nicht nur Dinge vor und fordere. Ich nehme die Spieler in die Verantwortung und lasse viel mehr Feedback geben. Ich organisiere viel mehr über Spielformen und weniger über Technik und Drills. Es geht darum, eine angenehmere, weil wertschätzende Atmosphäre zu schaffen.
Das ist natürlich anstrengend für Spieler. Ich merke, dass es sie herausfordert, wenn sie auf einmal ihre Meinung sagen müssen und am Prozess beteiligt werden. Es ist einfacher, nur zu konsumieren: Zum Training gehen und wissen, es ist vorbereitet, man kann schwitzen und braucht nicht nachzudenken. Die richtige Mischung macht es. Ich habe mich von Station zu Station, von Jahr zu Jahr weiterentwickelt. Mich haben Führungsthemen, psychologische Themen, Kommunikationsthemen schon immer interessiert, ich war immer sehr neugierig. Meine Fortbildungen habe ich in der Wirtschaft und in der Psychologie gemacht, nicht monothematisch im Basketball. Ich war auch nie ein Taktik-Fuchs und wollte alle Plays kennen. Es ging immer darum, wie Teams funktionieren, wie ich bessere Beziehungen aufbauen kann usw. Es geht mir um Menschen und das Element Freude.
Es ist wichtig, das ganze Umfeld, die Eltern mitzunehmen. Beispielsweise sind wir mit drei Mannschaften der U12 bis U16 ins Trainingslager gefahren. Wir haben ganz wenig Basketball gespielt. Aber wir haben alle anderen Themen bespielt und haben da unsere Werte und das Zugehörigkeitsgefühl zu Bayern München entwickelt und gestärkt – diesen roten Faden: Wofür stehen wir? Wie spielen wir eigentlich?
Mein Ausstieg aus dem Profibereich kam, als ich gemerkt habe: Ich habe keine Lust, eine Mannschaft zu formen, die vornehmlich dazu da ist, Bestergebnisse zu erreichen, aber die dann nach acht Monaten wieder auseinanderfällt. Das war für mich der Moment, in dem ich den Spaß verloren habe. Ich habe immer für die Entwicklung von nachhaltigen Programmen und Ideen gestanden. Und das bleibt auch so.
Hast du eine Meinung zum Coaching-Stil von Holger Geschwindner?
Du musst im Leben zum richtigen Moment am richtigen Ort sein und den richtigen Menschen treffen. Und die beiden haben sich zum richtigen Zeitpunkt getroffen und eine Beziehung aufgebaut, die außerordentlich war. Bei meinen Fortbildungen erzähle ich immer die Geschichte: Das Spiel wird durch die Spieler entwickelt, die Spieler entwickeln neue Bewegungen, zum Beispiel, weil die Gegenspieler größer werden. Dann kommt der Jump Hook, dann kommt der Floater, dann kommt der Turnaround. Es sind die Spieler, die die Bewegungen entwickeln, und die Coaches sehen das, systematisieren das und geben das weiter. Die Coaches sind nur die Multiplikatoren. Der einzige, den ich kenne, der Bewegungen entwickelt hat, war Holger Geschwindner. Er hat in der Theorie Bewegungen für Dirk Nowitzki entwickelt, die auf seine Größe, seine Physiognomie, seine Beweglichkeit abgestimmt waren. In einem Spielsport ist es die Ausnahme, dass man am Reißbrett etwas entwickelt. Aber die beiden sind ein wichtiges Vorbild für individualisierte Betreuung gewesen, die heute gefordert wird. Es war ja auch vorbildlich, dass Geschwindner sich nicht nur um den Basketball gekümmert hat, sondern auch darum, dass Dirk die Schule zu Ende kriegt, dass er Bücher liest, dass er ein Instrument lernt. Holger hat sich ganzheitlich um Dirk gekümmert. Das war vorbildlich.
Man ist nie nur Basketballtrainer. Man ist Persönlichkeitsentwickler, Teamentwickler. Dazu gehört viel mehr als nur Fachkompetenz. Fachkompetenz ist wichtig und notwendig, aber sie ist nicht hinreichend. Ebenso wichtig sind Selbstkompetenz und Sozialkompetenz. Über sich selbst Bescheid zu wissen, sich selbst zu reflektieren. Der Umgang mit einzelnen, mit der Mannschaft. Das sind die entscheidenden Kompetenzen und Werte, die du als Coach entwickeln musst.
Am Ende geht’s immer um Wertschöpfung. Im Sport ist das der Erfolg. In der Bundesliga sind das Platzierungen und die Titel. Aber im Nachwuchsbereich darf Erfolg nicht an Titeln gemessen werden, es geht um Persönlichkeitsentwicklung. Ich finde es gut, wenn wir weniger über Leistungspyramiden sprechen: »Ein Top-Spieler muss oben rauskommen. Breite Basis, und oben ein Spitzensportler. Und wenn wir das geschafft haben, dann haben wir ein erfolgreiches Jugendprogramm.« Das ist natürlich sehr eindimensional. Und deutlich wichtiger ist, dass aus zwanzig Spielern verschiedene Persönlichkeiten werden, die sagen: »Diese Zeit hat mich geprägt. Die hat mir geholfen. Mit diesen und jenen Werten. Disziplin. Kooperation. Mannschaft. Da kriege ich heute noch Gänsehaut, wenn ich mich erinnere, wie die Spieler davon erzählen.« Das ist doch bedeutsamer als eine Medaille im Schrank. Erinnerungen prägen mich. Diese zwanzig Persönlichkeiten sind viel wichtiger als ein Titel.
Kommen wir zum GameChanger–Workshop von 41Campus: Was möchtest du jungen Leuten bei so einem Workshop vermitteln? Worum geht’s dir da?
Auch das hat sich in den letzten Jahren entwickelt – je mehr ich über das Lehren und Lernen herausgefunden habe. Ich sage nicht mehr: »Ich werde in vier Stunden erzählen, wie ein Team funktioniert, und für euch meine Modelle und Erfahrungen auspacken.« Jetzt versuche ich, mich mit den Thematiken auseinanderzusetzen, die die jungen Trainer im Hier und Jetzt mit sich herumschleppen. Wenn ich in meinem Modul das Thema »Team« bearbeite, dann frage ich: Was sind aktuelle Themen, die ihr mit euren Teams habt? Ich will also immer mit den aktuellen Situationen der Beteiligten arbeiten. Und dann auch das Wissen und die Erfahrungen der Gruppe zur Problemlösung nutzen. In Kleingruppen arbeiten. Voneinander profitieren. Verstehen, wie andere ähnliche Probleme gelöst haben. Ich gebe keine Patent- oder Lehrbuchlösungen vor. Es soll erforscht werden: Was sind eure Erfahrungen? Wie habt ihr das gelöst? Dabei kann ich meine Erfahrungen einfließen lassen. Wenn ich gefragt werde, kann ich mit meinen Ideen abrunden und Kernsätze, Prinzipien, Erfahrungen festhalten. Damit man etwas Handfestes zum Nachlesen hat.
Beim 41Campus finde ich es außerordentlich gut, dass wir nicht über Fachkenntnisse sprechen. Handball, Fußball, Basketball sind fast nie Thema. Sondern es geht immer darum – und das ist das Entscheidende –, sich selbst zu reflektieren. Die große Kunst ist es heute, das eigene Selbstbild zu schärfen. Die eigenen blinden Flecke zu kennen. Die eigenen Bedürfnisse. Die eigenen Werte. Die eigene Haltung nicht nur intuitiv oder unbewusst zu leben, sondern zu wissen: Wofür stehe ich wirklich? Was treibt mich eigentlich? Wie wirke ich auf andere? Wie will ich sein? Was will ich eigentlich tun? Diese Selbstreflexion und Klärung des Selbstbildes sind die Voraussetzungen für den zweiten Schritt: Kommunikation und Führung. Und das dritte ist: Wie funktioniert eine Gruppe? Die Rekrutierung eines Teams, die Vorbereitung, Zusammenstellung eines Teams. Wie wächst ein Team zusammen? Wie funktioniert ein Team in verschiedenen Phasen? Welche Probleme treten auf? Wie gehe ich mit extravaganten Typen um? Wie gehe ich mich schwierigen Mannschaften um?
Ich glaube, dass ich heute in der Lage bin, ein Training in absoluten Spitzenmannschaften anderer Sportarten zu leiten, ohne dass sichtbar wird, dass ich vielleicht gar keine Ahnung von dieser Sportart habe. Ich könnte heute ein Volleyball- oder Handball-Training leiten, und ich brauche zunächst gar keine Fachkompetenz, um die Spieler zu beschäftigen. Weil ich fragen würde: »Worauf habt ihr Lust? Was ist sinnvoll? Was wollt ihr machen? Ja, macht mal. Ihr organisiert.« Und wenn mir irgendetwas auffällt, würde ich sagen: »OK, Stopp. Ich nehme gerade wahr, dass hier etwas nicht rund läuft. Was passiert gerade?« Ich würde die komplette Verantwortung in die Mannschaft zurückspielen und mich nur als Moderator, als Begleiter, als Schaffer von Lern- und Rahmenbedingungen sehen.
Ich habe neulich einen Drei-Stunden-Workshop im Hockey gegeben, und am Ende der Session haben die Teilnehmer gesagt: »Du hast mich so durcheinandergebracht, da muss ich erstmal darüber nachdenken.« Wenn das passiert, habe ich alles geschafft. Denn mehr kann ich nicht und will ich nicht tun. Ich sage immer noch: Ich weiß nicht, wie’s geht, und es gibt nichts, was allgemein gültig ist. Man muss sehr situativ, sehr individualisiert an die Situationen herangehen. Und das Schöne ist – um das abschließend zu sagen –, das gilt ja nicht nur für den Sport. Wenn man in die Wirtschaft guckt: Jeder spricht über Agilität, jeder spricht über Scrum, über transformationales Führen, über Hybridlernen, über neue Form der Selbstverantwortung. Das ist ja ein Bild, das in die ganze Gesellschaft hereingetragen wird. Und es ist hochgradig spannend zu sehen, was das mit den Beteiligten macht.
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